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MitarbeiterInnenbefragungen – ein wirkungsvolles Instrument


MitarbeiterInnenbefragungen haben in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Richtig eingesetzt sind sie ein wirkungsvolles Instrument der Unternehmensentwicklung. Sie liefern Anstöße bzw. Ansatzpunkte für Entwicklungen und können große Systeme flächendeckend mobilisieren.


MitarbeiterInnenbefragungen (MABs) sind zu einem Standardinstrument größerer Unternehmen geworden. Dafür sehen wir drei Gründe:


1. MABs bieten eine wirkungsvolle Möglichkeit, eine große Anzahl von MitarbeiterInnen in Veränderungsprozesse einzubinden. Gerade in komplexeren Organisationen können Meinungen, Einstellungen und Wahrnehmungen aller MitarbeiterInnen systematisch eingebunden werden. Gut konzipierte und inszenierte MABs vermögen eine breite Mobilisierung auszulösen.


2. Die Nutzung von Kennzahlen zur Steuerung von Organisationen ist heute Stand der Technik von Managementsystemen. Balanced Score Cards oder Qualitätssysteme wie das EFQM-Modell (European Foundation for Quality Management) erfordern explizit quantitative Kennzahlen aus der Perspektive von MitarbeiterInnen.


3. Ein dritter Grund für den stärkeren Einsatz von MABs sind so genannte PR-getriebene Befragungen. Das sind Befragungen, die initiiert werden, um danach in der Presse als z. B. „bester Arbeitgeber“ genannt zu werden. Für die Entwicklung von Organisationen ist dieser Zugang zu MABs in der Regel wenig hilfreich.


Gefahren von MABs

Alle Methoden der Unternehmensentwicklung, die besonders wirksam sein können, bergen auch entsprechende Gefahren und Risiken. Standardfragebogen, die nicht zum Unternehmen passen und die MitarbeiterInnen sprachlich und emotional nicht dort abholen, wo sie stehen, führen eher zu Frustrationen als zu Lösungen.


Mit Befragungen werden Erwartungen geweckt: Die MitarbeiterInnen werden eingeladen, ihren Beitrag zur Weiterentwicklung zu leisten. Umso unverständlicher ist es, wie in manchen Unternehmen mit den Ergebnissen umgegangen wird. Wir kennen Beispiele, bei denen Befragungsergebnisse nicht veröffentlicht und rückgespielt wurden, nur weil sie den Erwartungen des Managements nicht entsprachen. Andere Unternehmen begnügten sich damit, die Ergebnisse lediglich auf ihre Intranetseite zu stellen. In diesen Fällen wäre es für die Entwicklung des Unternehmens besser, die MAB erst gar nicht durchzuführen.


Eine Sorge, die von Auftraggebern immer wieder geäußert wird, sind mögliche kritische Ergebnisse. Aus Erfahrung kann gesagt werden, dass die positiven und wertschätzenden Rückmeldungen überwiegen. Natürlich werden bei anonymen Befragungen auch unbequeme Themen angesprochen – aber darin liegt auch eine Chance, diese Themen im Folgeprozess professionell zu bearbeiten.


Einbindung in das Managementsystem

Eine MAB ist eines von vielen Instrumenten der Analyse und Diagnose. Sie hat das Potenzial, gezielte Interventionen zu setzen. Wirklich Sinn macht sie aber erst dann, wenn sie in das Managementsystem des Unternehmens eingebunden wird.


Die inhaltlichen Themen einer MAB wie beispielsweise das Informations- und Kommunikationsverhalten, die Führungskultur, die Klarheit über die zukünftige Ausrichtung, können erst dann zu einer nachhaltigen Veränderung und Verbesserung führen, wenn sie ein Teil des Planungs- und Steuerungssystems der Organisation werden.


Wenn man MABs als Interventionen in ein soziales System versteht, dann ist das Instrument von Beginn an so zu konzipieren, dass es diesem Anspruch gerecht werden kann.


Wir beginnen eine Mitarbeiterbefragung daher immer mit einer qualitativen Ersterhebung. Dabei sind uns zwei Schwerpunkte wichtig. Erstens: Was sind die angestrebten Zukunftsentwürfe und Zukunftsbilder (Ziele, Strategien, Schwerpunktthemen der nächsten Jahre)? Und zweitens: Was kennzeichnet die aktuelle Situation im Unternehmen (Hypothesen zu Spannungsfeldern, innerbetriebliche Herausforderungen, Entwicklungsphase der Organisation etc.)? Für diese Erstdiagnose genügen einige Interviews bzw. ein bis zwei Halbtags-Workshops mit einer gut gemischten Gruppe.


Bereits in der Konzeptionsphase wird ein Prozessdesign entwickelt, wie mit den Ergebnissen der MitarbeiterInnenbefragung gearbeitet werden soll. Wer erhält welche Ergebnisse? Wer übernimmt die Prozessverantwortung in der Bearbeitung der Daten? Wie wird das Management eingebunden? etc.


Flächendeckend multiplizieren

Besonders wirkungsvoll erweisen sich Befragungen, die sehr schnell und flächendeckend auch in großen und geografisch distanziert aufgestellten Organisationen durchgeführt werden können. Damit lassen sich viele Interventionsansätze der Unternehmensentwicklung und Personalentwicklung multiplizieren und beschleunigen.


Ein aktuelles Beispiel: Wir führten vor kurzem in einem Unternehmen mit 30 Produktionsstandorten in vielen Staaten Europas eine MAB durch. Durch die Einbindung über die MAB beschäftigten sich alle 3.000 MitarbeiterInnen mit den aktuellen Fragen und Themen der Organisation. 80 % der ausgegebenen Fragebogen kamen zurück. Einige Wochen nach der Befragung erhielten der Vorstand und alle 30 Standortmanager gleichzeitig die Ergebnisse. In kurzen Workshops arbeiten nun alle Standorte an ihren Ergebnissen – an sehr unterschiedlichen Ergebnissen, da in der rumänischen Niederlassung andere Themen anstehen als in der deutschen. Darüber hinaus zeigen sich zwei bis drei Kernthemen, die das Unternehmen als Ganzes betreffen und vom Vorstand weiterbearbeitet werden.


Die richtige Methode

Nicht immer ist eine schriftliche Befragung mit quantitativer Auswertung die richtige Instrumentenwahl. In bestimmten Situationen können persönliche Interviews, Fokusgruppen oder Diagnoseworkshops als Ersatz für eine schriftliche MitarbeiterInnenbefragung einen tieferen und differenzierteren Einblick in die Organisation ermöglichen. Abhängig von der Erstdiagnose, der Unternehmensgröße und der Zielsetzung ist zu entscheiden, welches Befragungsinstrument sinnvoll eingesetzt werden soll.


Schriftliche Fragebogen und quantitative Auswertungen schaffen oft erst die Anstöße für die später folgenden qualitativen und lösungsorientierten Prozesse. In größeren Systemen ist eine gelungene Kombination beider Methoden aus unseren Erfahrungen eine sinnvolle Entscheidung.


Grafik 1: Die Wahl der richtigen Methode


© Mario Weiss


Grundsätzlich lässt sich sagen, dass qualitative Instrumente eher geeignet sind, zukunfts- und lösungsorientiert zu arbeiten, während quantitative Methoden eher gegenwarts- und analyseorientierte Ergebnisse liefern.


Arbeit mit den Ergebnissen

Die Ergebnisse von MABs sind in unserer Betrachtung ein erster Schritt und vielfach der Auslöser von konkreten Veränderungsvorhaben. Im Anschluss an die Datenauswertung beginnt daher die „eigentliche Arbeit“. Schriftliche quantitative Befragungen liefern keine Lösungen, sondern „nur“ Ansatzpunkte und Anstöße für nächste Entwicklungsschritte.

Um zu vermeiden, dass die Ergebnisse und Erkenntnisse einer Befragung einfach „nebenbei“ abgehandelt werden, versuchen wir den gesamten Befragungsablauf in den gegebenen Rhythmus der Organisation zu legen. Das bedeutet konkret, dass wir MABs zeitlich möglichst so anlegen, dass die Ergebnisse in einem der fixen jährlichen Managementmeetings vorgestellt werden, um dort die weiteren Schritte zur Bearbeitung zu vereinbaren. Dadurch wird gesichert, dass die Ergebnisse einen entsprechenden Stellenwert erhalten und die MAB nicht als „x-tes Projekt so nebenbei von irgendjemandem“ abgewickelt wird.


Es erweist sich auch als vorteilhaft, Befragungsergebnisse auf die kleinstmöglichen Einheiten (ab ca. 10 MitarbeiterInnen) auszuwerten. So erhält jede Einheit ihren eigenen Ergebnisbericht – der Vorstand die Ergebnisse des Gesamtunternehmens, die Bereichsleiterin die Ergebnisse ihres Bereichs und der Abteilungsleiter die Auswertung für seinen Teilbereich. Die Teilbereiche bekommen zusätzlich immer Benchmarkdaten zu den Gesamtergebnissen des Unternehmens. Dies schafft eine intensive Auseinandersetzung „in jeder Ecke“ der Organisation. Hier empfehlen wir einen wesentlichen Unterschied zum vielfach empfohlenen kaskadenförmigen Herunterbrechen der Ergebnisse über die einzelnen Hierarchieebenen. Wir empfehlen, dass die Ergebnisse jeder Abteilung, jedes Bereichs und die Gesamtergebnisse gleichzeitig im Unternehmen verteilt werden. Jede Führungskraft sieht und spürt dann im eigenen Organisationsbereich den Handlungsbedarf. Wir vermeiden damit die Situation, dass die gesamte Verantwortung für die Interpretation und Umsetzung der Ergebnisse in der Geschäftsleitung liegt.


Ein Bild bekommen

Befragungen erzeugen enorme Datenmengen. Die wichtigste Aufgabe ist, aus der Fülle von Informationen und Daten ein Bild zu gewinnen und die zentralen Botschaften und Ansatzpunkte zu erkennen.


Gelingt es, die Kernergebnisse herauszuarbeiten und die signalisierten Handlungsfelder zu erkennen, dann sind diese eine gute Grundlage für die Weiterarbeit. Führungskräfte benötigen hier Methoden und Werkzeuge, wie sie mit den Ergebnissen weiterarbeiten, wie z. B. ein Workshopdesign, wie sie mit ihren MitarbeiterInnen die Ergebnisse gemeinsam interpretieren.


Grafik 2: Die Arbeit mit den Ergebnissen




Erkenntnisse aus MABs sind besser geeignet, in der Linien- und Regelorganisation bearbeitet zu werden als in einer Projektorganisation. Als Möglichkeit für die Arbeit mit den Ergebnissen sehen wir vor allem reguläre Meetings, Workshops oder Großgruppenveranstaltungen. Werden Aktivitäten und Maßnahmen geplant, dann sollten diese so weit als möglich in bestehende Planungs- und Führungsmethoden integriert werden. Einen guten Gradmesser dafür, ob eine MitarbeiterInnenbefragung gelungen ist, sehen wir darin, dass sich die Erkenntnisse in den regulären Management- und Führungsmeetings, in Strategieklausuren sowie in den Zielvereinbarungen wiederfinden.


Ausblick

MitarbeiterInnenbefragungen werden zu einem zyklischen Standardinstrument größerer Organisationen. Die Herausforderung liegt darin, das Instrument nicht als Einzelmaßnahme zu verstehen, sondern sinnvoll in das Managementsystem einzubinden. Reine Zufriedenheitsbefragungen werden an Bedeutung verlieren.


An Bedeutung zunehmen werden Befragungskonzepte, die in engem Zusammenspiel mit den strategischen Themen und damit mit den „Lern-Themen“ der Organisation stehen.



© Trigon Entwicklungsberatung

Mitarbeiterbefragungen – ein wirkungsvolles Instrument

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